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DaZ im O-Ton

Plötzlich DaZ-Lehrerin – Wie ich den Einstieg erlebt habe

31.03.2023

Wie geht es einer jungen DaZ-Lehrerin, die in Zürich ohne Ausbildung als Lehrperson arbeitet? Eine Schilderung im Originalton.

von Céline Sallustio, DaZ-Lehrerin und Geschichts- und Germanistikstudentin

Mein Vater ist Secondo und meine Grossmutter mütterlicherseits kam aus Paris in die Schweiz, als sie ihren Mann, meinen Grossvater, heiratete. Seit dem Umzug in die Schweiz haben meine Grossmütter Schwierigkeiten Deutsch zu sprechen – auch noch nach 60 Jahren. Sie konnten sich nie richtig mit der hiesigen Sprache und der Kultur anfreunden. Obwohl ich durch sie das Privileg erhielt, mehrsprachig aufzuwachsen, wünsche ich mir manchmal, dass wir uns besser verständigen können. Nicht nur für die sozialen Kontakte ist es wichtig, dass in der Schweiz wohnhafte Menschen Deutsch sprechen können. Sondern auch für ihre Bildung und Berufschancen.

Seit Mitte August letzten Jahres unterrichte ich im Schulhaus Altweg DaZ – ohne entsprechende Ausbildung als Lehrperson oder im DaZ-Bereich. Dass ich trotzdem diese Stelle antreten durfte, schätze ich sehr. Mein Geschichts- und Germanistikstudium helfen mir dabei weniger als meine Erfahrungen als Nachhilfelehrerin und meine geduldige Art. Bevor ich vor 187 Tagen zum ersten Mal im Schulzimmer stand, stellten sich mir viele Fragen: Wie sind die Kinder? Kann ich mit ihnen eine angemessene Beziehung aufbauen? Bin ich konsequent und streng genug? Habe ich genügend Selbstsicherheit? Werden die Kinder meinen Unterricht mögen?

Zuvor besuchte ich einen Einführungskurs zum Lehrmaterial Hoppla 1 und Hoppla 2 an der Pädagogischen Hochschule Zürich. Die Meinungen zu diesem Unterrichtsmaterial sind gespalten – das kann ich gut nachvollziehen. Auch wenn ich dieses Lehrmittel eher selten im Unterrichtsalltag einsetze, habe ich vom Kurs profitiert: Ich habe erfahrene DaZ-Lehrpersonen kennengelernt und mich mit ihnen vernetzt. Auch im Schulhaus, wo ich arbeite, erhalte ich grosse Unterstützung: Von der Unterrichtsvorbereitung bis zum Umgang mit den Kindern und der Einschätzung des Sprachstands und der entsprechenden individuellen Förderung. Letzteres ist die Grundlage eines erfolgreichen DaZ-Unterrichts und wohl die anspruchsvollste Aufgabe einer DaZ-Lehrperson.

Dass ich als DaZ-Lehrperson viele Freiheiten habe und mir Zeit für die DaZ-Schüler*innen nehmen kann, gefällt mir besonders. Ausserdem kann ich den räumlich separativen Unterricht ganz nach den Bedürfnissen und dem Förderbedarf der Kinder ausrichten. Es ist mir wichtig, dass ich mit den Kindern eine Beziehung aufbauen kann. Und ich möchte, dass ihre Erstsprache auch einen Platz im DaZ-Unterricht einnehmen darf: Wenn die Schüler*innen ein deutsches Wort nicht kennen oder ihnen nicht in den Sinn kommt, erstaunt es mich immer wieder, wie gross ihr Repertoire aus ihrer Erstsprache ist. Und wie stolz sie dann sind, den Begriff auf eine andere Sprache zu kennen und dies im Unterricht einbringen zu dürfen.

In der DaZ-Broschüre des Volksschulamts wird erwähnt, dass 40% aller Schüler*innen eine andere Ersterwerbssprache als Deutsch haben. Der Bedarf am DaZ-Unterricht steigt: Seit dem Schuljahr 2014 lässt sich eine starke Zunahme der Anzahl DaZ-Lernenden auf der Primarstufe im Kanton Zürich verzeichnen. Das Wachstum vom Schuljahr 2020 auf das Schuljahr 2021 betrug 1.2% oder 1483 Schülerinnen und Schüler, also etwa 74 Klassen. Damit der erhöhte Bedarf in Zukunft gestemmt werden kann, hat das Volkschulamt die Anzahl CAS-DaZ-Lehrgänge erhöht. Die PH Zürich hat ein Kurs-Angebot entwickelt, welches DaZ-Lehrpersonen unterstützt, die neu DaZ-Aufnahmeklassen unterrichten. Dadurch erhalte ich den Eindruck, dass der DaZ-Unterricht in unserem Schulsystem anerkannt und gefördert wird. Und doch finde ich es unbefriedigend, wenn die verantwortlichen Gemeinden nicht genügend DaZ-Stunden bewilligen, Schüler*innen oft weniger DaZ-Unterricht erhalten, als ihnen zusteht oder Schulen DaZ-Lektionen ausfallen lassen, statt ein Vikariat einzurichten. Was mich an meiner Aufgabe besonders freut: Die Kinder lernen nicht nur von mir, sondern auch ich von ihnen: Ich wachse an meiner Aufgabe und lasse mich immer wieder inspirieren von ihrer direkten, aufgeweckten und genau beobachtenden Art.

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Nicht DaZ an sich. Kein «l'art pour l'art». Sondern die Lernenden sind es, zumeist Kinder, die uns bedingungslos am Herzen liegen. Sie zu befähigen, sie zu stärken, damit sie sich lösen können von sprachlich bedingten Nachteilen und in ihr Leben hineinwachsen.